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Urheberrecht an Landkarten


Vorbemerkung

Das Urheberrecht ist geregelt im Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz oder UrhG) vom 9. September 1965.

Den Schutz des UrhG genießen gem. Par 1 die Urheber von Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst.

Zu den geschützten Werken gehören gem. Par 2 insbesondere:

1. Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme;
2. Werke der Musik;
3. pantomimische Werke einschließlich der Werke der Tanzkunst;
4. Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke;
5. Lichtbildwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Lichtbildwerke geschaffen werden;
6. Filmwerke einschließlich der Werke, die ähnlich wie Filmwerke geschaffen werden;
7. Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen.

Werke i. S. des Gesetzes sind nur persönliche geistige Schöpfungen. Der Urheber ist immer ein Mensch. Juristische Personen, Tiere und Maschinen (auch Computer) können keine schöpferischen Leistungen im Sinne des UrhG vollbringen. Das UrhG sieht aber darüber hinaus mit den verwandten Schutzrechten im zweiten Teil des Gesetzes auch einen Schutz für Leistungen vor, die keine persönlichen geistigen Schöpfungen sind (s. u.).

Die Benennung der Bereiche Literatur, Wissenschaft und Kunst im Par 1 ist abschließend, nicht dagegen die Auflistung in Par 2. Soweit sie sich den Bereichen Literatur, Wissenschaft und Kunst zuordnen lassen, können auch in Par 2 nicht genannte Werke urheberechtlichen Schutz genießen. Ungeschützt bleiben dagegen Erzeugnisse, die nicht in den Schutzbereich des Par 1 fallen und für die es kein verwandtes Schutzrecht gibt. Dies sind z. B. normale handwerkliche Erzeugnisse, Kochrezepte, Spielregeln und sportliche Leistungen. Auch wissenschaftliche Theorien (z. B. die Relativitätstheorie) sind anders als wissenschaftliche oder technische Darstellungen (Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen u. dergl.) keine Werke im Sinne des Gesetzes. Und obwohl, wie jeder weiß, hier die schöpferische Leistung besonders hoch einzuschätzen ist, genießen auch amtliche Werke (Gesetze, Verordnungen, Erlasse u. dergl.) keinen urheberrechtlichen Schutz.

Davon unabhängig wird urheberrechtlicher Schutz von der Rechtsprechung i. d. R. bereits bei minimalen Schöpfungen anerkannt. So können z. B. einfache Gebrauchsanweisungen als Sprachwerke geschützt sein.

Das Urheberrecht entsteht mit der Schaffung des Werkes. Es muss anders als z. B. bestimmte gewerbliche Schutzrechte (Patent, Gebrauchsmuster, Geschmacksmuster) nirgendwo registriert werden. Auch ein am Werk angebrachter Urheber- oder Copyrightvermerk ist nicht erforderlich, erleichtert aber den Beweis der Urheberschaft in Streitfällen. Gem. Par 10 UrhG wird, wer auf den Vervielfältigungsstücken eines erschienenen Werkes oder auf dem Original eines Werkes der bildenden Künste in der üblichen Weise als Urheber bezeichnet ist, bis zum Beweis des Gegenteils als Urheber des Werkes angesehen. Die Anwendbarkeit des Par 10 auf Copyrightvermerke auf ins Internet gestellten Werken, wird allerdings von der herrschenden Meinung abgelehnt, weil es am Tatbestandsmerkmal der Vervielfältigungsstücke fehlt.

Das Urheberrecht ist als solches nicht übertragbar, wohl aber vererbbar. Außerdem können Dritten Nutzungsrechte an Werken eingeräumt werden. So erwirbt zumeist der Arbeitgeber ausdrücklich auf Grund des Arbeitsvertrags oder stillschweigend die Nutzungsrechte an den Werken seines Arbeitnehmers. Der Arbeitnehmer aber bleibt der Urheber.

Neben den Urheberpersönlichkeitsrechten hat der Urheber umfassende Verwertungsrechte, die es ihm ermöglichen, sein Werk in körperlicher (Vervielfältigung, Verbreitung, Ausstellung) oder unkörperlicher Form (Vortrag, Aufführung, öffentliche Zugänglichmachung über das Internet etc.) zu veröffentlichen und zu verwerten.

Daneben gibt es aber auch Schrankenregelung, die der Urheber in Kauf nehmen muss. So dürfen z. B. Kopien für den privaten und sonstigen eigenen Gebrauch in begrenztem Umfang hergestellt werden. Zulässig ist auch die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zweck des Zitats, allerdings nur mit Quellenangabe und nur wenn die Nutzung des zitierten Werks "in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist". Außerdem dürfen Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, von jedem mit Mitteln der Malerei oder Graphik, durch Lichtbild oder Film vervielfältigt, verbreitet und öffentlich wiedergegeben werden. Da auch Werke der Architektur geschützt sein können, ist dies für Street-View-Dienste von besonderer Bedeutung.

Zu den verwandten Schutzrechten, die auch für nicht individuelle Leistungen gelten, zählen

- der Schutz wissenschaftlicher Editionen,
- der Schutz nachgelassener Werke,
- der Schutz der Lichtbilder,
- der Schutz des ausübenden Künstlers,
- der Schutz des Veranstalters,
- der Schutz des Herstellers von Tonträgern,
- der Schutz des Sendeunternehmens und
- der Schutz des Datenbankherstellers.

Bei diesen Rechten ist vor allem die Schutzdauer deutlich geringer als bei den Werken der Par 1 und 2. Einfache Lichtbilder (z. B. Röntgenbilder und Luftbilder) sind z. B. 50 Jahre ab Herstellung bzw. Veröffentlichung geschützt. Bei Werken im Sinne der Par 1 und 2, zu denen auch die Lichtbildwerke (z. B. künstlerische Fotos, aber auch individuelle Amateurfotos) gehören, dauert der Schutz noch nach dem Tod der Urheber 70 Jahre.


Landkarten als Darstellungen wissenschaftlicher, technischer Art

Auch Landkarten und Stadtpläne genießen in der Regel urheberrechtlichen Schutz, selbst dann, wenn sie nach einer vorgegebenen Zeichenvorschrift hergestellt wurden.

Die schöpferische Leistung bei der Kartenherstellung besteht im Wesentlichen in der Generalisierung. Damit ist die auf eine lesbare Darstellung ausgerichtete maßstabsbedingte Reduzierung des Karteninhalts gemeint. Eine Karte ist ein verkleinertes Abbild der Erdoberfläche. Sie kann nicht alle Objekte maßstabsgetreu wiedergeben. Einzelne Objekte werden bei der Entwurfsgestaltung ausgewählt und besonders hervorgehoben, andere wiederum aus Platzgründen mit gleichartigen Objekten zusammengefasst oder von "wichtigeren" Objekten verdrängt dargestellt. Die Wahl der Farben (z. B. Wald - grün, Gewässer - blau, Höhenlinien - braun, Straßen - gelb, rot oder weiß etc.) ist dagegen nicht unbedingt eine schöpferische Leistung im Sinne des Urheberrechts.

Wer eine Karte ohne Erlaubnis übernimmt und nur einige Farben ändert, um sie dann als Anfahrtsskizze auf seiner Homepage zu verwenden, verstößt sehr wahrscheinlich gegen das UrhG. Da ist es besser, sich beim Vermessungsamt seines Vertrauens ein Luftbild zu besorgen und die Skizze selbst zu zeichnen.

siehe auch das BGH-Urteil vom 28.05.98 - I ZR 81/96 - Stadtplanwerk http://www.jurpc.de/rechtspr/19990054.htm:
"Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass Stadtpläne und Landkarten als Darstellungen wissenschaftlicher, technischer Art gemäß Par 2 Abs. l Nr. 7 UrhG Urheberrechtsschutz genießen, wenn es sich um persönliche geistige Schöpfungen im Sinne des Par 2 Abs. 2 UrhG handelt.
...
Auch eine Karte, die als einzelnes Kartenblatt aufgrund einer vorbekannten gestalterischen Konzeption erstellt ist, kann urheberrechtlich schutzfähig sein, wenn bei ihrer Erarbeitung gleichwohl ein genügend großer Spielraum für individuelle formgebende kartographische Leistungen bestanden hat. Dem in einem solchen Fall geringeren Grad der Eigentümlichkeit des Werkes entspricht ein engerer Schutzumfang.
...
Der dargestellte Inhalt, insbesondere die verwendeten Vermessungsdaten und die sonstigen in die Karte eingearbeiteten Informationen sind allerdings urheberrechtlich frei; das Berufungsgericht hat es deshalb auch zu Recht als unerheblich angesehen, dass der Beklagte aus dem Kartenwerk des Klägers dort absichtlich gemachte Fehler übernommen hat."
Mit der "vorbekannten gestalterischen Konzeption" ist hier die Zeichenvorschrift gemeint, die den Signaturenkatalog enthält und mitunter auch als Legende oder Musterblatt bezeichnet wird.
siehe hierzu auch das BGH Urteil vom 23.06.2005 - I ZR 227/02 - Karten-Grundsubstanz http://www.jurpc.de/rechtspr/20050120.htm:
"Auch bei einer Bindung an vorgegebene Zeichenschlüssel und Musterblätter kann dem Entwurfsbearbeiter oder Kartographen (etwa bei der Generalisierung und Verdrängung) ein für die Erreichung des Urheberrechtsschutzes genügend großer Spielraum für individuelle kartographische Leistungen bleiben. Die Anforderungen an die schöpferische Eigentümlichkeit sind insoweit bei kartographischen Gestaltungen gering."

Karten als Datenbanken

EuGH-Entscheidung vom 29. Oktober 2015

Zu diesem Thema hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften EuGH inzwischen eine Entscheidung gefällt:
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=170741&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first∂=1
Danach können Landkarten als Datenbanken in Sinne der Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken geschützt sein. In Deutschland wurde die Richtlinie durch Übernahme des Datenbankrechts in die Par 87aff des UrhG umgesetzt. Für unsere Landkarten folgt daraus, dass - wenn sich der BGH mit der Antwort zufriedengibt - nunmehr auch die Verwendung der Karten als Vorlage für die Herstellung von daraus abgeleiteten Folgekarten erlaubnispflichtig ist. Dies gilt auch dann, wenn die schöpferische Leistung, die in der grafischen Gestaltung der verwendeten Karten besteht, in den Folgekarten z.B. aufgrund der Verwendung eines eigenen Zeichenschlüssels und starker Generalisierung nicht mehr erkennbar ist.

Was ist schief gelaufen?

Wahrscheinlich wurde wieder einmal die falsche Frage gestellt, wie auch in diesem Fall, der hier nur zum Vergleich erwähnt wird:

Vergleich zum Thema "falsche Frage": Schulze GRUR 2009, 812 "Das Verfahren "Le Corbusier-Möbel" zeigt, dass manche Frage, die dem EuGH zur Klärung vorgelegt wird, nicht unbedingt mehr zur Klarheit, sondern zu weiterer Unklarheit führen kann. Dann könnte man nachträglich sogar bedauern, überhaupt vorgelegt oder nicht anders gefragt zu haben."

Delphi lässt grüßen. Im Verfahren über den Datenbankschutz für Landkarten ging es natürlich um etwas ganz anderes und am Ende bei der Vorlage vor dem EuGH nur noch um die Frage, ob die Daten als "unabhängige Elemente" im Sinne der Datenbankrichtlinie angesehen werden können.

Die anderen Tatbestandsmerkmale "Sammlung von Elementen", "systematische oder methodische Anordnung der Elemente", "Einzelzugänglichkeit der Elemente" und "hoher Investitionsaufwand für die Herstellung der Datenbank", die ebenfalls zwingende Voraussetzung für den Schutz sind, wurden mit Ausnahme des bisher noch nicht überprüften Investitionsaufwands (s.u.) bereits in den Vorinstanzen und auch vom BGH als erfüllt angesehen. Das war wahrscheinlich ein Fehler.

Würde es nur um die "Unabhängigkeit der Elemente" gehen, könnte auch ein Sack voller Kartoffeln eine Datenbank sein.


Der BGH selbst war anfangs nicht der Auffassung, dass topographische Karten Datenbanken im Sinne der Datenbankrichtlinie sein können, wie aus den Schlusssätzen seines Vorlagebeschlusses I ZR 138/13 vom 18. September 2014 an den EuGH hervorgeht. Dort heißt es: "Die einzelnen Elemente eines audiovisuellen, kinematographischen, literarischen oder musikalischen Werkes erhalten ihren Wert auch durch die Reihenfolge ihrer Anordnung. Werden sie aus dem Werk herausgelöst, wird ihr Wert beeinträchtigt. Diese Maßstäbe sind nach Ansicht des Senats auf eine topographische Landkarte übertragbar, in der die Einzelinformationen in einer bestimmten Reihenfolge zueinander angeordnet und aufeinander bezogen sind. Werden sie aus diesem Gesamtgefüge gelöst, wird ihr Wert beeinträchtigt."

Er stellt aber dem EuGH leider nur die Frage, ob bei topographischen Karten die darin enthaltenen Elemente unabhängige Elemente im Sinne Datenbankrichtlinie sind. Der BGH setzte sprichwörtlich alles auf eine Karte - wohlwissend, dass bei Datenbanken auch die anderen in der Richtlinie aufgeführten Tatbestandsmerkmale erfüllt sein müssen.

Bei einer Landkarte hätte man durchaus auch die systematische oder methodische Anordnung der Elemente in Frage stellen können. Eine Landkarte präsentiert die Erscheinungsformen der Erdoberfläche nicht in systematischer oder methodischer Anordnung, sondern so wie wir sie in der Natur vorfinden. Dies aber stand bei der abschließenden Entscheidung nicht mehr zur Debatte. Zitat aus dem Vorlagebeschluss des BGH: "Die Anordnung der Daten der dreidimensionalen Erdoberfläche auf der Karte orientiere sich am so genannten deutschen Einheitsnetz. Diese Anordnung sei systematisch im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie, weil jeder Punkt der Erdoberfläche einem Koordinatenpunkt eines zweidimensionalen Gitternetzes zugeordnet sei." Wahrscheinlich hätte man besser Kunstmaler um Rat gefragt, die bei der Kopie eines Gemäldes ebenfalls ein Gitternetz als Hilfsmittel verwenden. Auch dadurch entsteht keine systematische oder methodische Anordnung, sondern ein originalgetreues Abbild der Vorlage. Und auch durch die Strukturierung des Karteninhalts mit Hilfe einer Legende wird die Karte nicht zur Datenbank sowie auch ein Inhaltsverzeichnis und ein Sachregister aus einem Lehrbuch keine Datenbank machen. Solche Hilfsmittel entstehen en passant ohne den schutzbegründenden "hohen Investitionsaufwand".

Nicht ausreichend gewürdigt wurde im gesamten Ablauf des Vefahrens außerdem, dass ein Datenbankhersteller, der den Inhalt seiner Datenbank in narrativer oder bildlicher Form an Nutzer abgibt - also einer Form, die die Tatbestandsmerkmale für den Datenbankschutz nicht erfüllt - in Kauf nehmen muss, dass die Nutzer mit eigenem Aufwand daraus jetzt eigene Datenbanken erstellen. In einem solchen Fall liegt m. E. keine mittelbare Entnahme aus einer Datenbank vor. Die Auffassung, dass solche aus der ursprünglichen Datenbank abgeleiteten Quellen auch dann nicht frei verwendet werden dürfen, wenn sie selbst keine Datenbank sind (vgl. Leistner GRUR 2014, 533), teile ich nicht. Andernfalls hätte man sich den Streit über Frage, ob topographische Karten Datenbanken sein können, sparen können. 

Das hier angesprochene Problem wird vielleicht etwas deutlicher, wenn man sich einen - durchaus üblichen - Fall vorstellt, in dem der Hersteller einer Karte im Maßstab 1:25.000 für deren Herstellung eine einzige Quelle (z. B. eine Karte im Maßstab 1:5.000) verwendet. Die Herstellung der Karte im Maßstab 1:25.000 erfordert jetzt praktisch den gleichen Aufwand wie die Herstellung daraus abgeleiteter Folgekarten in kleineren Maßstäben (z.B. 1:50.000 oder 1:100.000) und es ist fraglich, ob in diesem Fall für die Beschaffung und Aufbereitung der Daten das Tatbestandsmerkmal einer "nach Art und Umfang wesentliche Investition" im Sinne der Datenbankrichtline erfüllt ist.

Ob das Urteil  praktische Bedeutung erlangen wird, bleibt abzuwarten. Auf 15 Jahre alte Karten zurückzugreifen und diese dann mit Hilfe von Luftbildern selbst zu aktualisieren, bleibt nach wie vor erlaubnisfrei. Nach 15 Jahren ist der Datenbankschutz abgelaufen und Luftbilder sind beim besten Willen keine Datenbanken.  Auf diese Möglichkeit weisen sogar Befürworter der neuen EuGH-Entscheidung ausdrücklich hin (vgl. Leistner 2016, 44).

Inzwischen hat der BGH den Ball vom EuGH wieder aufgegriffen und mit Urteil vom 10.03.2016 - I ZR 138/13 (TK 50 II) die Sache zur erneuten Verhandlung an das Berufungsgericht zurückverwiesen (" ... III. Danach ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht hat bislang noch keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung der in den vom Kläger herausgegebenen Karten enthaltenen Daten im Sinne von § 87a Abs. 1 Satz 1 UrhG eine nach Art und Umfang wesentliche Investition erfordern und ob der Beklagte im Sinne des § 87b Abs. 1 Satz 1 UrhG nach Art oder Umfang wesentliche Teile aus dem Kartenmaterial des Klägers übernommen und diese vervielfältigt hat.").

Vorgeschichte


Die Frage, ob eine Landkarte als Datenbank geschützt sein kann,wurde in Fachkreisen lange diskutiert. Dass auch Datensammlungen in analoger, insbesondere gedruckter Form den Datenbankschutz genießen können, ist unumstritten. Ob er allerdings auch auf Landkarten zutrifft, blieb offen. Es gab es aber hierzu Urteile der Landgerichte München I (2), Stuttgart und Leipzig (1), die den Schutz bejahten (z. B. LG München I vom 09.11.2005 - Az.: 21 O 7402/02: "Jedes Kartenblatt der topografischen Karten des Klägers stellt für sich genommen eine Datenbank i.S. von Par 87a I 1 UrhG dar."). Das OLG München vertratt in einem Urteil vom 13.06.2013 - 29 U 4267/12 die gegenteilige Ansicht, ließ jedoch die Revision beim BGH ausdrücklich zu, die dann zur Vorlage vor dem EuGH führte.

Der Datenbankschutz der Par 87aff erstreckt sich nur auf größere Datenmengen ("einen nach Art und Umfang wesentlichen Teil der Datenbank" oder "wiederholte" Entnahmen). In der Entnahme einzelner Maße und kleiner Datenmengen, wie sie z. B. für den eigenen Entwurf einer Anfahrtskizze benötigt werden, kann kein Verstoß gegen das Datenbankschutzrecht gesehen werden. Im Fall des LG München I wurden Radwanderkarten nach den topographischen Karten des bayerischen Landesvermessungsamts gezeichnet.

Mit dem Begriff "Art und Umfang eines wesentlichen Teil der Datenbank" beschäftigt sich ein BGH-Urteil vom 1. 12. 2010 - I ZR 196/08 - Zweite Zahnarztmeinung II. Danach erfüllt ein Anteil von zehn Prozent des Datenvolumens der gesamten Datenbank nicht die Voraussetzungen, die an einen nach dem Umfang wesentlichen Teil der Datenbank im Sinne des Par 87b Abs. 1 Satz 1 UrhG zu stellen ist. Zehn Prozent des Inhalts einer Datenbank i. S. des Par 87a dürften demnach frei kopiert werden. Ob sich dies allerdings pauschal auch auf Geoinformationssysteme anwenden lässt, ist fraglich. Wer z. B. aus dem Amtlichen Topographisch-Kartographischen Informationssystem ATKIS von NRW alle Daten von Bonn kopiert (also weniger als zehn Prozent) sollte vorsichtshalber doch besser um Erlaubnis fragen. In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass das ca. 300 Kartenblätter der Topographischen Karte 1 : 25 000 (TK25) das Land NRW abdecken. Ein Blatt TK25 entspricht bezogen auf NRW nur 1/300 der ATKIS-Datenbank.

Näheres zum Datenbankschutz

Es gibt nach dem Urheberrechtsgesetz einfache Datenbanken und Datenbankwerke. Die einfachen sind gem. Par 87a ff UrhG und die Datenbankwerke gem. Par 4 Abs. 2 UrhG geschützt. Die Datenbankwerke basieren bzgl. Auswahl und Anordnung der darin enthaltenen Elemente auf persönlichen schöpferischen Leistungen und die einfachen auf Leistungen, die nach Art oder Umfang wesentliche Investitionen erfordern.

Par 4 Sammelwerke und Datenbankwerke

(1) Sammlungen von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die aufgrund der Auswahl oder Anordnung der Elemente eine persönliche geistige Schöpfung sind (Sammelwerke), werden, unbeschadet eines an den einzelnen Elementen gegebenenfalls bestehenden Urheberrechts oder verwandten Schutzrechts, wie selbständige Werke geschützt.

(2) Datenbankwerk im Sinne dieses Gesetzes ist ein Sammelwerk, dessen Elemente systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind ...
Ein Beispiel für ein Datenbankwerk ist eine individuell ausgewählte Gedichttitelliste.

Bei Datenbanken fehlt das Tatbestandsmerkmal der persönlichen geistigen Schöpfung. Es wird hier durch das Tatbestandmerkmal der wesentlichen Investition ersetzt, die für die Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung der Elemente erforderlich ist.

Par 87a Datenbank

(1) Datenbank im Sinne dieses Gesetzes ist eine Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind und deren Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung eine nach Art oder Umfang wesentliche Investition erfordert. Eine in ihrem Inhalt nach Art oder Umfang wesentlich geänderte Datenbank gilt als neue Datenbank, sofern die Änderung eine nach Art oder Umfang wesentliche Investition erfordert.

Ein Beispiel für eine Datenbank könnte ein umfangreiches, mit hohem Aufwand erstelltes Telefonbuch sein.

Datenbankwerke und Datenbanken im Sinne des UrhG können auch analoge Verzeichnisse sein.

Bezgl. der Unterschiede ist hervorzuheben, dass bei Datenbanken weder die Struktur (d. h. die systematische oder methodische Anordnung) noch die Auswahl der Elemente geschützt ist. Wer ohne Nutzung einer vorhandenen Datenbank die gleiche noch einmal mit eigenem Investitionsaufwand unter Zuhilfenahme anderer, ungeschützter Quellen herstellen möchte, darf dies tun. Bei Datenbankwerken wäre dies erlaubnispflichtig, da hier die geschützte schöpferische Leistung in der Auswahl oder Anordnung der Elemente besteht. Bei Datenbanken erlischt das Schutzrecht 15 Jahre nach Veröffentlichung bzw. Herstellung. Bei Datenbankwerken dauert die Schutzfrist wie auch bei anderen urheberrechtlich geschützten Werken bis 70 Jahre nach dem Tod der Urheber.

Hier noch einmal die Tatbestandsmerkmale von geschütztem Datenbankwerk und geschützter Datenbank im direkten Vergleich:
Geschütztes Datenbankwerk (Par 4):

- Sammlung von Elementen
- Unabhängigkeit der Elemente
- systematisch oder methodische Anordnung der Elemente
- Einzelzugänglichkeit der Elemente
- Auswahl oder Anordnung der Elemente ist eine persönliche geistige Schöpfung

Geschützte Datenbank (Par 87a):

- Sammlung von Elementen
- Unabhängigkeit der Elemente
- systematisch oder methodisch Anordnung der Elemente
- Einzelzugänglichkeit der Elemente
- hoher Investitionsaufwand

Voraussetzung für den Schutz ist, dass die jeweils fünf aufgeführten Tatbestandsmerkmale allesamt erfüllt sind. Wenn auch nur eines der Merkmale nicht zutrifft, liegt kein Datenbankwerk in Sinne des Par 4 bzw. keine im Sinne des Par 87a geschützte Datenbank vor.

Hierzu ein Zitat aus "Sui-generis-Schutz für Datenbanken" von Viola Bensinger:

"Einem gewöhnlichen Lehrbuch mit detaillierten Inhalts- oder Stichwortverzeichnis mangelt es also nicht an der Einzelzugänglichkeit; es wird aber trotzdem keine Datenbank i. S. der Richtlinie darstellen, weil i. d. R. die so durchaus einzeln zugänglichen Kapitel, Abschnitte und Stichworte nicht unabhängig, sondern eingebunden in eine subjektiv narrative Struktur dargestellt werden".

Auch ist z. B. eine Sammlung von Rohdaten (also ein ungeordneter Datenhaufen) keine Datenbank, weil die Elemente hier weder systematisch noch methodisch angeordnet sind, obwohl eine solche Sammlung durchaus mit hohen Investitionen verbunden sein kann.

Die Urteile der Landgerichte München I, Stuttgart und Leipzig und jetzt auch der EuGH gehen davon aus, dass topographische Karten Datenbanken im Sinne der Par 87a ff UrhG sein können.

Dass es sich bei einer topographischen Karte um eine Sammlung von Elementen handelt, ist unumstritten. Die Elemente sind die Kartenobjekte, d.h. die Siedlungs- und Vegetationsflächen, Verkehrslinien, Kultur- und Naturdenkmäler etc. Die Kritik setzt an bei der Frage, ob auch die anderen Tatbestandsmerkmale für das Vorliegen einer Datenbank erfüllt sind. Nach den Auffassungen, die in den Urteilen der Landgerichte München I, Stuttgart und Leipzig vertreten werden, ist dies der Fall. Die methodische oder systematische Anordnung der Elemente wird z. B. mit der Klassifizierung nach Objektarten und der Darstellung in einem geographischen Netz begründet. Die Elemente sind nach Auffassung der Richter einzeln zugänglich und können voneinander unabhängig betrachtet werden. Nach Vogel in [SCHRICKER/LOEWENHEIM] ist dagegen bei einer analogen Karte "die Wiedergewinnbarkeit der einzelnen Elemente fraglich, weil die Karte sie als simultan wahrnehmbares Bildwerk aus aufeinanderbezogenen Einzelinformationen darstellt (mit Verweis auf Hertin GRUR 2005, 646/649)." Diese Auffassung teilt auch das OLG München und stützt sich dabei auf Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken. Danach wird durch den Begriff Datenbank eine Sammlung erfasst, die Werke, Daten oder andere Elemente umfasst, die sich voneinander trennen lassen, ohne dass der Wert ihres Inhalts dadurch beeinträchtigt wird, und die eine Methode oder ein System beliebiger Art enthält, mit der bzw. dem sich jedes der Elemente der Sammlung wieder auffinden lässt. In der Urteilsbegründung heißt es: "Der Wert der in einer Karte zu einem bestimmten Punkt enthaltenen Information wird somit durch eine isolierte, von weiteren Angaben in der Karte getrennte Betrachtung erheblich beeinträchtigt. Die in einer Karte enthaltenen Einzelinformationen ergeben wie die Wörter in einem Buch und die Töne in einem Musikstück erst aus einem inhaltlichen Gewebe heraus Sinn (vgl. Fromm/Nordemann, aaO., Rn. 9). Die Einzelangaben werden in ihrem Geflecht und ihrer wechselseitigen Bezogenheit simultan erfassbar dargestellt (Hertin, aaO., S. 650). Löst man die Angaben aus diesem Geflecht, trennt man sie also voneinander, ist ihr informativer Gehalt erheblich vermindert."

Dabei muss eingeräumt werden, dass jemand der wie auch ich eher zu der Ansicht neigt, dass analoge Landkarten keine Datenbanken sind, eins nicht außer Acht lassen darf. Analoge Karten können heute vollautomatisch aus Geo-Informationssystemen (also Datenbanken) abgeleitet werden und in naher Zukunft mit Hilfe von Mustererkennungsprogrammen ebenfalls vollautomatisch in andere Datenbanken überführt werden. Mit dieser Methode lässt sich vollautomatisch der gesamte Inhalt eines Geo-Informationssystems vom diesem auf ein anderes übertragen wie beim dateibasierten Datenaustausch. Wenn jetzt analoge Karten keine Datenbanken sind, ist der zweite Schritt, das Auslesen und Übertragen in die andere Datenbank, erlaubt und somit ein angemessener Schutz der Ursprungsdatenbank praktisch nicht mehr vorhanden. Dem wiederum lässt sich entgegenhalten, dass ein Datenbankhersteller, der den Inhalt seiner Datenbank in narrativer oder bildhafter Form, also in einer Form, die die Tatbestandsmerkmale für den Datenbankschutz nicht erfüllt, an Nutzer abgibt, in Kauf nehmen muss, dass diese mit eigenen Aufwand daraus jetzt eigene Datenbanken erstellen. Das ist das Schicksal eines jeden Pioniers. Der zweite hat es immer leichter.

Kritik des Datenbankschutzrechts

Das Datenbankschutzrecht krankt daran, dass die Tatbestandsmerkmale "Sammlung von Elementen", "Unabhängigkeit der Elemente", "systematische oder methodische Anordnung der Elemente" und "Einzelzugänglichkeit der Elemente" einerseits sowie "hoher Investitionsaufwand" andererseits nicht miteinander harmonieren. Da passt etwas nicht zusammen.

Auffällig ist, was dies anbetrifft, dass in den Urteilsbegründungen der Landgerichte beim Merkmal der wesentlichen Investition auch der Aufwand für die Beschaffung der Daten berücksichtigt wird. Wer aber bedenkt, dass eine Sammlung von Rohdaten selbst ja noch gar keinen durch das UrhG gedeckten Schutz genießt, muss zwangsläufig auf die Idee kommen, dass bei der Bemessung der Investition nur der Aufwand für die Systematisierung und methodische Aufbereitung der Daten gewertet werden darf. Nach anderen neuen Entscheidungen des EuGH (z. B. BHB-Pferdewetten vom 9.11.2004) darf in der Tat der Aufwand für die Erzeugung der Elemente nicht berücksichtigt werden. Schwierig zu beurteilen ist nach wie vor, inwieweit dies auch für den damit verbundenen Aufwand der Beschaffung gilt. Nach Vogel in [SCHRICKER/LOEWENHEIM] "bilden Datenhaufen mitunter die Vorstufe zu einer in Aufbau begriffenen Datenbank, so dass die für ihre Zusammenstellung aufgewendeten Mittel zu den Investitionen in eine Datenbank zu zählen sind." Man sieht hier, wie wichtig Ordnung sein kann. Wenn ein mit hohem Aufwand beschaffter Datenhaufen mit einfachen Mitteln in eine strukturierte Datenbank umgewandelt werden kann, sollte nicht zögern, dies zu tun ;-). Mehr kann man kaum dazu sagen. Denn Vogels Hinweis, dass Datenhaufen mitunter die Vorstufe zu einer in Aufbau begriffenen Datenbank bilden, offenbart letztlich nur die Schwächen des Datenbankschutzrechts.

Exkurs

Wie schwer es ist, das Datenbankschutzrecht richtig einzuschätzen, zeigt, dass folgende wichtige Frage erst 2007 vom BGH an den EuGH herangetragen wurde:
"Kann eine Übernahme von Daten aus einer (gemäß Art. 7 Abs. 1 der Datenbankrichtlinie) geschützten Datenbank in eine andere Datenbank auch dann eine Entnahme im Sinne des Art. 7 Abs. 2 lit. a der Datenbankrichtlinie sein, wenn sie aufgrund von Abfragen der Datenbank nach einer Abwägung im Einzelnen vorgenommen wird, oder setzt eine Entnahme im Sinne dieser Vorschrift einen Vorgang des (physischen) Kopierens eines Datenbestandes voraus?"

aus BGH, Beschluss vom 24. 5. 2007 - I ZR 130/ 04 - Gedichttitelliste II; OLG Karlsruhe (Lexetius.com/2007,1372)

http://lexetius.com/2007,1372

Für den schnellen Überblick siehe die Abs. 28, 33, und 34

Inzwischen hat der EuGH die Frage beantwortet:

"Der Begriff der "Entnahme", die der Hersteller einer geschützten Datenbank untersagen kann, ist dahin zu verstehen, dass er jede unerlaubte Aneignung der Gesamtheit oder eines Teils des Inhalts einer Datenbank erfasst. Auf die eingesetzten Mittel und Formen kommt es nicht an."
http://curia.europa.eu/de/actu/communiques/cp08/aff/cp080067de.pdf

Dies überrascht nicht. Denn wenn die Entnahme von Daten im Sinne der Datenbankrichtlinie einen Vorgang des physischen Kopierens voraussetzten würde, müsste ja das Abschreiben der Datenbankinhalte erlaubt sein. Hierzu die Klarstellung in Absatz 37 der EuGH-Entscheidung:

"... Wie die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg geltend gemacht hat, erfüllt das Kopieren des Inhalts einer solchen Datenbank auf einen anderen Datenträger selbst in Form des Abschreibens den Tatbestand der Entnahme ebenso wie ein Datei-Download oder eine Fotokopie."

Ist ATKIS ein Datenbankwerk?

Während sich in der Frage, ob ein einzelnes Blatt einer topographischen Karte eine Datenbank im Sinne des Par 87a UrhG sein kann, die Geister wohl noch lange scheiden werden, ist die Datenbankfähigkeit von Geoinformationssystemen wie dem Amtlichen Topographisch-Kartographischen Informationssystem ATKIS unumstritten. Nach Vogel in [SCHRICKER/LOEWENHEIM] erfüllen die nach Objektarten und Attributen gegliederten Objektartenkataloge - wohlgemerkt bereits die bloßen Kataloge - derartiger Informationssysteme i. d. R. die Voraussetzungen einer Datenbank im Sinne des Par 87a.

Es bleibt die Frage, ob ein solcher Objektartenkatalog gleichzeitig auch die Voraussetzungen für den Schutz als Datenbankwerk im Sinne des Par 4 erfüllen kann.

Hierzu ist anzumerken, dass der BGH das Merkmal der persönlichen geistigen Schöpfung bei der Auswahl und Anordnung der Elemente in einem Datenbankwerk bereits bei minimalen Leistungen als gegeben ansieht. Die seit Jahren bestehende Möglichkeit des einfachen Datenbankschutzes nach Par 87a hat den BGH nicht dazu veranlasst, für den Schutz als Datenbankwerk nach Par 4 die Messlatte höher zu hängen.

Im o. a. BGH-Urteil "Gedichttitelliste II" reichte es für den Schutz einer Sammlung (hier: einer Gedichttitelliste) als Datenbankwerk aus, dass die Sammlung in ihrer Struktur, die durch Auswahl oder Anordnung des Inhalts der Datenbank geschaffen worden war, einen individuellen Charakter hatte. Die individuelle persönliche Leistung bestand hier im Wesentlichen in der einfachen Handlungsanweisung: "Wähle aus 14 Anthologien die Gedichte aus der Zeit zwischen 1720 und 1933 aus, die in mindestens drei dieser Anthologien aufgeführt oder in der bestimmten bibliographischen Sammlung mindestens dreimal erwähnt sind (vgl. Abs. 7 im o.a. Urteil)."

Wenn nach Auffassung des BGH, die Aufstellung einer solchen Gedichttitelliste eine schöpferische Leistung sein kann, müsste dies für die Aufstellung eines Objektartenkatalogs erst recht gelten, zumal hierbei - anders als bei der starren Handlungsanweisung für die Gedichttitelliste - für jede Objektart einzeln zu entscheiden ist, ob und mit welchen Attributen sie in den Katalog aufzunehmen ist.

An dieser Stelle sei noch einmal ausdrücklich betont, dass in der Argumentationskette dieses Abschnitts die Werkeigenschaft eines Informationssystems mit den schöpferischen Tätigkeiten begründet wird, die bei der Erstellung des Objektartenkatalogs anfallen, und nicht mit der Erfassung der in System zu speichernden Daten, bei der wegen des vorliegenden Katalogs kein ausreichender Spielraum mehr für persönliche geistige Schöpfungen im Sinne des UrhG besteht. Der tritt bei einem Geoinformationssystem erst wieder hinzu, wenn z. B durch interaktive Generalisierung Karten aus den Daten abgeleitet werden.


Amtliche Karten

Nach Par 5 UrhG genießen amtliche Werke keinen urheberrechtlichen Schutz. Der Par unterscheidet zwischen Gesetzen, Verordnungen, Erlassen etc. (Abs. 1) und anderen amtlichen Werken, die im amtlichen Interesse zur allgemeinen Kenntnisnahme veröffentlicht worden sind (Abs. 2).
Par 5 Amtliche Werke

(1) Gesetze, Verordnungen, amtliche Erlasse und Bekanntmachungen sowie Entscheidungen und amtlich verfaßte Leitsätze zu Entscheidungen genießen keinen urheberrechtlichen Schutz.

(2) Das gleiche gilt für andere amtliche Werke, die im amtlichen Interesse zur allgemeinen Kenntnisnahme veröffentlicht worden sind, mit der Einschränkung, daß die Bestimmungen über Änderungsverbot und Quellenangabe in Par 62 Abs. 1 bis 3 und Par 63 Abs. 1 und 2 entsprechend anzuwenden sind.

(3) ...
Nach Katzenberger in [SCHRICKER/LOEWENHEIM] sind Karten mit Normqualität wie Bebauungspläne und Katasterkarten nach Par 5 Abs. 1 zu beurteilen (siehe hierzu aber auch die Ausführungen über die landesrechtlichen Verwertungsverbote im nächsten Abschnitt).

Zu der in Internet-Diskussionen häufig gestellten Frage, ob die amtlichen topographischen Karten zu den amtlichen Werken im Sinne des Par 5 Abs. 2 UrhG zählen, ist der genaue Wortlaut des Abs. 2 zu betrachten. Es geht dort nicht um amtliche Werke im Allgemeinen, sondern um amtliche Werke, die im amtlichen Interesse zur allgemeinen Kenntnisnahme veröffentlicht worden sind.

Hierzu ein Auszug aus einer früheren Begründung zum Regierungsentwurf des UrhG:

"... für die besonders bedeutsame Frage des Urheberrechtsschutzes amtlicher Kartenwerke ergibt sich hieraus, dass diese in der Regel Urheberrechtsschutz genießen, weil sie nicht im amtlichen Interesse von der Behörde veröffentlicht werden. Ein amtliches Interesse an der Veröffentlichung eines Kartenwerks kann nur in Ausnahmefällen angenommen werden, z. B. wenn eine Behörde eine Karte von der Meeresküste veröffentlicht, in der die für Badende gefährlichen Stellen besonders gekennzeichnet sind."
(Bundestags-Drucksache IV/270, 4. Wahlperiode, S. 39)

Aber auch hier ist Vorsicht geboten. Nicht nur für Nichtschwimmer ;-). Wenn eine geschützte topographische Karte in einer solchen amtlichen Bekanntmachung verwendet wird, heißt das noch lange nicht, dass die geschützte Karte dadurch ihren Schutz verliert. Das ist wie bei Zitaten privater Werke in amtlichen Bekanntmachungen. Die zitierten privaten Werke verlieren durch die amtlichen Bekanntmachungen nicht ihren urheberrechtlichen Schutz (vgl. Katzenberger in [SCHRICKER/LOEWENHEIM]).

Siehe auch das BGH-Urteil vom 2.7.1987 - I ZR 232/85 - Topographische Landeskarten
http://www.jura.uni-sb.de/clear/de/web-dok/19990008.html:
Leitsatz c): "Bei topographischen Landeskarten handelt es sich regelmäßig nicht um amtliche Werke im Sinne des Par 5 Abs. 2 UrhG."
Die Frage, ob Par 5 auch auf Datenbanken im Sinne des Par 87a anzuwenden ist, hatte der BGH dem EuGH zur Vorabentscheidung im Jahr 2007 vorgelegt. Sie wurde aber im darauf folgenden Jahr wieder zurückgezogen, so dass diesbzgl. nach wie vor Unklarheit besteht.


Landesrechtliche Verwertungsverbote


Neben dem Urheberrechtsgesetz gibt es in den Vermessungs- und Katastergesetzen der Länder besondere Bestimmungen, die die Ergebnisse der Landesvermessung unter Schutz stellen. Zur Frage, ob dies mit dem Grundgesetz - Urheberrecht ist Bundesangelegenheit - vereinbar ist, siehe Katzenberger in [SCHRICKER/LOEWENHEIM]:
"Sehen landesrechtliche Bestimmungen für amtliche Werke, die durch Par 5 vom Urheberrechtsschutz ausgeschlossen sind, aus rein fiskalischen Gründen ein Verwertungsverbot vor, so sind sie nach Art, 31, 71, 73 Nr. 9 GG nichtig. Dies trifft aber zB auf die ... Katasterkarten nicht zu, weil die ... für solche Karten vorgesehenen Verwertungsverbote bzw. Genehmigungsvorbehalte nicht nur einem fiskalischen Interesse, sondern auch einem öffentlich-rechtlichen Anliegen dienen, ... die Zuverlässigkeit dieser ... Karten zu gewährleisten ... Ob auch topographische Karten der Landesvermessungsämter in gleicher Weise zu beurteilen sind, ist von BGH GRUR 1988, 33/34 - Topographische Karten, in Frage gestellt, letztlich aber offen gelassen worden. Aufgrund des Urheberschutzes solcher Karten ist die Frage von untergeordneter Bedeutung."


Karten als Zitate

Natürlich können auch Kartenausschnitte als Zitate abgedruckt werden, z. B. in einem Lehrbuch der Kartographie, um Darstellungen in verschiedenen Maßstäben zu vergleichen.

Die Verwendung eines Kartenausschnitts als Anfahrtsskizze auf einer Homepage kann dagegen nicht als Zitat betrachtet werden. Hier wird die Karte ja als Orientierungshilfe benutzt, d.h. für ihren ureigenen Verwendungszweck. Ein Kartenausschnitt kann aber im Extremfall so klein sein, dass sein Inhalt keine schöpferische Leistung im Sinne des UrhG mehr darstellt. Aber darauf würde ich mich nicht verlassen. Streitfälle können teuer werden.

Siehe z. B. Diez, Dietrich: Anwendung des Datenbankschutzrechtes auf die amtlichen topographischen Kartenwerke, Kartographische Nachrichten 6/2004":
"Die Abgrenzung zwischen einer freien Benutzung und einer Bearbeitung bereitet in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten. Außerdem liegt eine besondere Hürde darin, dass der Bundesgerichtshof (BGH) in ständiger Rechtsprechung die Position vertritt, Urheberrechtsverletzungen im kartographischen Bereich könnten nur mit Hilfe eines gerichtlich bestellten Sachverständigen nachgewiesen werden."

Für Karten und technische Zeichnungen gibt es keinen Leistungsschutz wie bei Lichtbildern, der auch die nicht "schöpferischen" Erzeugnisse unter Schutz stellt.


Computerkarten und Schutz des Zeichenschlüssels

Mit zunehmender Automatisierung kartographischer Produktionsprozesse tritt das Merkmal der persönlichen geistigen Schöpfung mehr und mehr in den Hintergrund.

Einfach gestaltete Karten werden zum Teil schon heute vollautomatisch aus geographischen Informationssystemen abgeleitet. Es bleibt abzuwarten, wie sich jetzt ein urheberrechtlicher oder vergleichbarer Schutz für diese Computerkarten noch begründen lässt. Neben dem bereits angesprochenen Schutz für Datenbanken und Datenbankwerke wäre zu prüfen, ob sich die in einem Computerprogramm enthaltene persönliche schöpferische Leistung auf den Output übertragen kann. Dies ist wohl eher nicht der Fall. Die vollautomatische Übersetzung eines Goethe-Textes in eine andere Sprache durch ein Computerprogramm ist z. B. keine persönliche geistige Leistung im Sinne des UrhG. Jedoch könnte bei Karten die Frage nach dem Schutz der verwendeten Signaturen und Symbole eine Rolle spielen. Bildzeichen und Piktogramme, insbesondere umfangreiche Serien derartiger Symbole können durchaus urheberrechtlichen Schutz genießen. Der Schutz stößt allerdings an Grenzen, wenn bei herkömmlicher Form- und Farbwahl kein Spielraum mehr für individuelle Gestaltungen besteht.

Lt. Loewenheim in [SCHRICKER/LOEWENHEIM] sind "beispielweise Bildzeichen, die in einem Stadtplan auf bekannte Bauwerke hinweisen, als schutzfähig angesehen worden". Für allgemein bekannte Symbole wie "Richtungspfeile, ein Anker als Symbol für einen Hafen, ein Flugzeug als Symbol für einen Flugplatz und dergl." wird dort mit Verweis auf [DREIER/SCHULZE] die Schutzfähigkeit verneint.

Inwieweit Urheberschutz aus dem Gesamtwerk eines aufeinander abgestimmten Signaturensystems abgeleitet werden kann, das einer Karte - mehr noch als jede Generalisierung - ihr individuelles Erscheinungsbild verleiht, war lange Zeit kein Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzungen. Inzwischen zeigt aber ein neuer Hinweisbeschluss des BGH, dass der Urheberschutz auch ohne den Gestaltungsspielraum eines Kartografen allein aus dem Zeichenschlüssel abgeleitet werden kann. In der Begründung hat sich das hohe Gericht dabei aber m.E. ziemlich verheddert:

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&nr=67830&pos=1&anz=536

Der Vorstand der Klägerin hat allein die das Kartenbild prägenden Merkmale und Gestaltungselemente erdacht und im Zeichenschlüssel festgelegt aber auf den Werkcharakter des der Erstellung des Stadtplanausschnitts zugrundeliegenden Zeichenschlüssels kommt es nicht an.
Zitate aus dem Beschluss:

Aus Rn 2: "Die Mitarbeiter der D. Ltd. stellen die Karten nach genauen Vorgaben der Klägerin her, die in einem Zeichenschlüssel der Klägerin festgelegt sind. Dabei haben die Mitarbeiter der D. Ltd. keinen Spielraum bei der Umsetzung der Vorgaben."

Aus Rn 7: "Der vom Berufungsgericht formulierte Zulassungsfrage der Urheberschaft der Kartenwerke desjenigen, der Urheber des den Kartenwerken zugrunde liegenden Zeichenschlüssels ist kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu."

Aus Rn 10: "Das Berufungsgericht hat von der Revision nicht beanstandet zudem festgestellt, dass der Vorstand der Klägerin, Dr. B., allein die das Kartenbild prägenden Merkmale und Gestaltungselemente erdacht und im Zeichenschlüssel festgelegt hat."

Aus Rn 14: "Das Berufungsgericht ist mithin zutreffend davon ausgegangen, dass es im Streitfall auf den Werkcharakter des vom Beklagten vervielfältigten Stadtplanausschnitts der Klägerin und nicht auf den Werkcharakter des der Erstellung des Stadtplanausschnitts zugrundeliegenden Zeichenschlüssels ankommt."

Worin besteht denn jetzt die den Urheberschutz begründende schöpferische Leistung?

Literatur

[SCHRICKER/LOEWENHEIM] Loewenheim, Ulrich:
Urheberrecht, Kommentar
München 2010

[DREIER/SCHULZE]
Dreier, Thomas und Gernot Schulze
Urheberrechtsgesetz, Kommentar
C.H. BECK


Johannes Röhnelt

Letzte Änderung : 19.11.2016

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